Nora Sternfeld spricht in ihrem Buch über „Das radikaldemokratische Museum“, das 2018 bei De Gruyter in Berlin erschienen ist, über eine Krise der Repräsentation. Diese lasse sich in der künstlerischen Avantgarde, der Institution des Museums aber auch in den demokratisch verfassten Staaten beobachten, wobei die Autorin lieber von den „Krisen der Repräsentation“ sprechen will. Zuerst erscheine die Krises in der künstlerischen Moderne als Krise eine „abbildungstheoretischen Repräsentationsbegriffs.“ Es gehe dabei um einen Bruch mit der Vorstellung, die Wirklichkeit abbilden zu können. So werde dann in manchen Positionen die Darstellungsfunktion als solche verworfen.
Diese Krise der Repräsentation betrifft natürlich auch das Ansinnen durch meine Zeichnungen etwas darzustellen. Ein solches Unterfangen erscheint anachronistisch. Ebenso zweifelhaft wird der Anspruch, im Museum durch die räumliche Darbietung von Ausstellungsobjekten einen Zusammenhang oder ein Thema zu repräsentieren. Ebenso zweifelhaft wird, dass in der Politik die Abgeordneten des Parlamentes „das Volk“ repräsentieren.
Es geht der Autorin aber nicht darum, sich von dem Gedanken der Repräsentation zu verabschieden. Vielmehr geht es darum, sich von der Vorstellung zu verabschieden, es könne eine unmittelbare Vertretung des „Volkes“, eine unmittelbare Darstellung eines Thema oder auch eine unmittelbare Wiedergabe der Wirklichkeit geben. Demgegenüber sei ein Zwischenraum anzuerkennen. Sie schreibt:
„Wenn etwas oder jemand dargestellt, vorgestellt oder vertreten wird, dann impliziert das einen Zwischenraum: Jemand steht für jemand anderen bzw. etwas steht für etwas anderes. Der Begriff der Repräsentation beinhaltet also ein Element der Vermittlung- verbunden mit der Unmöglichkeit totaler Unmittelbarkeit und Transparenz.“ Sternfeld S. 35 f)
Das heißt für mich, dass meine Zeichnungen das Gesehene nicht unmittelbar wiedergeben. Mein Unvermögen, bestimmte Dinge wiedergeben zu können, meine Sehgewohnheiten und die Einschränkungen, die die gewählten zeichnerischen Mittel mitbringen, schieben sich zwischen die Zeichnung und die dargestellte Wirklichkeit und sorgen dafür, dass ich die Wirklichkeit verfehle. Ich könnte jetzt ungegenständlich werden, weil ich die Gegenstandswelt doch nicht zu fassen bekomme. Das wäre eine Gegenstandslosigkeit, die sich aus einem enttäuschten naturalistischen Begehren speist. Oder ich stelle mich der Verunreinigung in der Hoffnung doch einige Aspekte fassen zu können.
Das heißt für mich auch, dass die Exponate einer Ausstellung nie alleine für ihren Zusammenhang oder ihr Thema stehen. Sie sind nicht unmittelbar da, sondern sind selbst Ergebnis einer kontrovers geführten Auseinandersetzung. Sie stellen nicht nur etwas dar, sondern verfehlen auch immer das, was sie eigentlich darstellen wollen. Sie eröffnen eine Auseinandersetzung, über die Art, wie sie etwas darstellen.