| Zweiter Tag der Hängung: Simple Nature | |
| Ort: | Galerie KaOst Frankfurt |
| Datum: | 11.5.2019 |
Sigi am Tor, bildende Künstlerin
„….Es gibt Künstler, die viel digital arbeiten, und meistens am Computer arbeiten. Da ist Fotografie so basic und dann wird das am Computer verarbeitet. Da bin ich absolut analoger Künstler, weil ich eher das Gegenteil suche: in der Wirklichkeit oder der realen Welt, die ich erlebe, die ja auch anstrengend ist und auch die Menschen oft überfordert. Jemand hat letztens gesagt, es ist eine collagierte Welt, in der wir leben.-Das nochmal zu fokussieren, zu konzentrieren und mit Handarbeit irgendwie zu füllen. Das ist für mich wichtig, das Material einfach zu bearbeiten…und ich glaube auch, dass das für junge Künstler auch wieder in Mode kommt analog zu arbeiten, weil sie das brauchen als Kontrast zu diesem ständigen am Computer sitzen. Da brauche wir vielleicht auch was Sinnliches, Erfassbares.“
Wolfgang Raith, Fotograf und Galerist
„ ….halte ich es für wichtig, dass wir den Kontakt zur analogen Welt nicht verlieren. Wir alle hier, die als Fotografen digital arbeiten, sind der festen Überzeugung, dass ein Bild erst ein Bild ist, wenn es ausgedruckt ist und an der Wand hängt, und dann analog ist. Erst dann kann ich es in seiner Größe, in seiner Klarheit und in seiner Einfachheit verstehen.
Mir war es bei dieser Ausstellung auch wichtig, dass man einen Blick auf die Einfachheit werfen kann. Ich will ja keine gigantisch tolle Natur zeigen, sondern ich will einen ganz einfachen und schlichten Blick auf Natur. Wir sind ,was unsere Naturwahrnehmung betrifft schon so verformt , weil wir Dokumentationen über den Wald sehen, die mit tollen Kameratechniken gedreht wurden. Die fliegen mit Drohnen drüber, die machen Zeitraffer, wie ein Pilz wächst, die zeigen einen ganzen Jahresverlauf im Zeitraffer und sowas . Dadurch hat man natürlich einen tollen Bezug zum Wald, aber wenn man dann im Wald spazieren geht, sieht man das natürlich alles nicht, und ist vielleicht enttäuscht. Das ist dann wie wenn man zum Fußball geht und hat immer nur Zusammenfassungen gesehen und dann sieht man, wie die Mannschaft eigentlich wirklich spielt. Hat dieser Wunsch, dass man das Einfache wieder sieht, nicht auch mit analogen Pakten zu tun ?“
Eckart Bartnik, Fotograf
„Also analog als Synonym für langsameres handwerkliches Arbeiten….“ „…zum Beispiel ja“ „Ich komm ja noch sehr stark aus der analogen Fotografie, ich habe früher Großformatfotografie gemacht und will das auch eigentlich wieder machen. Einfach um eine langsamere Arbeitsweise zu haben, für mich ist meditative Fotografie sehr wichtig, dass ich wirklich ein sehr enges Verhältnis zu dem Objekt aufbaue und das ist mit einer Großformatkamera unübertroffen. Ich arbeite zwar digital, denke aber eigentlich analog. Also mein größtes Arbeitshilfsmittel ist ein ganz simpler Papprahmen um den Ausschnitt festzulegen. Also früher bei der Analogarbeit, wenn ich eine Großformatkamera herumschleppe, dann ist es unerlässlich, dass ich erst den Standort festlege und dann die Aufnahme mache. Bevor ich dann diese 30 Kilo durch die Landschaft geschleppt habe, möchte ich wissen, von welchem Spot genau ich die Aufnahme mache. Das mache ich heute auch, auch wenn ich die Aufnahme dann digital umsetze, aber so diese grundsätzliche Einstellung ein sehr enges Verhältnis zu dem Objekt aufzubauen, habe ich aus der analogen Welt eigentlich erhalten.“
Die Position des Sammelns
| Pressekonferenz zur Ausstellungseröffnung „Kollwitz im Esszimmer- Leben mit schwerer Kost.“ | |
| Ort: | Käthe Kollwitz Museum Köln |
| Datum: | 4.7.2019 |
Ich frage einen Sammler aus der Schweiz, wie wichtig die Hängung der gesammelten Werke sei. Er betont, dass die Hängung sehr wichtig für ihn sei. Vor allem die Umhängung. Sie würden die Blätter relativ oft umhängen. Auch aus konservatorischen Gründen. Aber jede Umhängung und Neukombination eröffne auch eine neue Perspektive auf die Arbeiten, eröffne einen anderen Aspekt. Auch der zweiten Sammler antwortet ohne viel Nachdenkzeit, dass für ihn die Hängung sehr wichtig sei. Er muss die Dinge um sich haben, sie sehen. Wie er die Dinge kombiniert, zeigt auch eines der Fotos aus seinen privaten Räumen. Eine mittelalterliche Madonna im Vordergrund. Im Hintergrund eine Arbeit von Käthe Kollwitz.
Ich spreche den Schweizer Sammler etwas umständlich auf analoge Pakte an. Er zeigt mir an den ausgestellten Blättern , dass es ihm wichtig sei, sie so zu präsentieren, dass man auch die Blattränder sieht. Das Passpartout liege nicht über dem Blattrand. Das Blatt soll in seiner Materialität erkennbar bleiben. Das Papier bei Kollwitz sei mehr wie neutrale Bildträger. Papier ist ein Material, das sie bewusst auswählt.
Warum ins Museum gehen? Man kann sich die Bilder doch im Netz ansehen. Warum fahren die Menschen nach Paris, um sich die Mona-Lisa anzusehen. Sie wollen das Original, das Ding sehen- so überlegt der Sammler.
Bei der Presskonferenz berichtet eine Sammlerin über eine schmerzhafte Erfahrung, die sie zu Beginn ihrer Sammelleidenschaft machen musste. Noch unerfahren habe sie unbesehen der Zustandsbeschreibung ein Blatt ersteigert und sie sei sehr erschreckt gewesen sei, in welchem Zustand es geliefert wurde. Aber da Kollwitz selbst auf gutes Papier und auf gutes Grafikmaterial geachtet habe, wäre das Blatt dann glücklicherweise gut zur restaurieren gewesen .
Käthe Kollwitz fertigte oft zwei Versionen ihrer Arbeiten an: Eine für die politische Auseiandersetzung und eine für Sammler, oft ohne Schriftzug, aber mit beständigen Materialien. Sie antizipiert mit der Sammlerversion das Bedürfnis des Sammlers, der ihre Werke auch dauerhaft sein eigen nennen will. Ein Sammler berichtet auf der Pressekonferenz, dass es für ihn ein entscheidender Moment gewesen sei, als ihm durch den Kontakt mit einem Kunsthändler klar wurde, dass man Kunst auch besitzen, dass man Kunst auch sammeln kann. Ich vermute, dass dem Besitz eines Kunstwerkes auch ein analoger Pakt zugrunde liegt. Die Materialität des Objektes, die durch konservatorischen Aufwand dauerhaft gesichert werden muss, ermöglicht es erst, dass man es besitzen kann.